Karasura Band I | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Titelblatt | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
KARASURA UNTERSUCHUNGEN ZUR GESCHICHTE UND KULTUR DES ALTEN THRAKIEN HERAUSGEGEBEN VON MICHAEL WENDEL I 15 JAHRE AUSGRABUNGEN IN KARASURA Internationales Symposium Cirpan/Bulgarien 1996 Beier & Beran WEISSBACH 2001 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Inhaltsverzeichnis | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Resümee | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Vom 10.-12. Oktober 1996 fand in Chirpan, Bulgarien,
anläßlich des 15. Jubiläums der gemeinsamen
deutsch-bulgarischen Ausgrabungstätigkeit in
Karasura ein internationales Symposium statt, an
dem über 60 Wissenschaftler und Studenten hauptsächlich
aus der Bundesrepublik Deutschland und
Bulgarien, aber auch aus Rumänien, der Ukraine
und Makedonien teilgenommen haben. Zum Einen
galt es nach den Jahren der Wende und des Umbruchs,
die auch an Karasura nicht spurlos vorübergegangen
waren, den aktuellen Forschungsstand in
der Diskussion mit einem größeren Kreis von Spezialisten
zu fixieren, Probleme aufzuzeigen und Korrekturen
vorzunehmen. Zum Anderen mußten die
Weichen für eine Umstrukturierung der Arbeitsgruppe
gestellt, die Grabungsstrategie neu überdacht
und die Perspektiven für die gesamte Forschungstätigkeit
neu abgesteckt werden. Schließlich und
endlich waren die Grabungsergebnisse in einen größeren
räumlichen und zeitlichen Rahmen der Geschichte
des alten Thrakien einzuordnen, einzuschätzen
und zu werten. Das hohe Niveau und die Vielfalt
der wissenschaftlichen Diskussion zum genannten
Problemkreis spiegelten sich in den zahlreichen
Vorträgen und Diskussionsbeiträgen wider. Die im
vorliegenden Band vorgestellten Beiträge repräsentieren
dieses interessante Forum und sollen hiermit
einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht
werden.
Thematisch sämtlich der Alten Geschichte, Archäologie
und Kultur des alten Thrakien verpflichtet, sind
die Beiträge im ersten Teil dieses Bandes den neuesten
Ausgrabungsergebnissen in Karasura, das hier
als Synonym für das gesamte Grabungsobjekt steht,
gewidmet. Im zweiten und dritten Teil werden neue
Forschungsergebnisse und Ausgrabungsbefunde nicht
nur aus Nordthrakien mit seinen Zentren Plovdiv,
Stara Zagora und Hisarja, sondern auch aus weiter
entfernten geographischen Räumen vorgestellt.
Einer kurzen Einführung in die Topographie folgt
die Reflexion der wechselvollen und interessanten
Forschungsgeschichte der Untersuchungen und Ausgrabungen
in Karasura. In kritischer Auseinandersetzung
mit den auf dem Forschungsstand bis 1991
basierenden Thesen und Hypothesen zum historischen
Ablauf des über 6000-jährigen Lebens an diesem
Ort wird versucht, die Ergebnisse der bisherigen
Forschungen zusammenzufassen und Probleme
aufzuzeigen. Das im ersten Beitrag gezeichnete Bild
des Grabungsplatzes und des mit ihm verknüpften
historischen Geschehens basiert auf den Erkenntnissen
und Ergebnissen der neuesten Grabungen und
Forschungen aus den Jahren 1993-1997, deren Darstellung
in den folgenden Beiträgen Raum geboten
wird. Ausgehend von einer diffizilen Aufnahme der
prähistorischen Funde und Befunde, deren Ergebnisse
im nächsten Band dieser Reihe veröffentlicht
werden und in kritischer Auseinandersetzung mit
bisher geäußerten Meinungen wird klargestellt, daß
die Besiedlung Karasuras nicht vor der spätneolithischen
Phase Karanovo IVb begonnen hat. Ihren
Höhepunkt fand die prähistorische Siedlungstätigkeit
aber erst in der Zeit vom Äneolithikum bis
zur frühen und mittleren Bronzezeit.
Erklärter Forschungsschwerpunkt war in Karasura
von Anfang an die Untersuchung der spätantiken und
mittelalterlichen Siedlungsschichten, zwischen 1993
und 1997 insbesondere des Festungssystems und der
Basilika II (extra muros), deren reiche Ergebnisse
in drei Beiträgen vorgestellt werden. Dabei wird
deutlich aufgezeigt, daß einige der bis zuletzt 1996
publizierten Hypothesen zur Art, Funktion und Chronologie
der spätantiken Befestigung, so nicht mehr
aufrecht erhalten werden können. Daß auch die Bearbeitung
von speziellen Fundgruppen wie Keramik,
Kleinfunde oder Plastik weitergeführt wurde, zeigen
drei weitere Abhandlungen.
Eine Analyse der bisherigen Grabungsergebnisse
wirft in Verbindung mit den vorhandenen schriftlichen
und archäologischen Quellen erneut die Frage
nach den Kirchenprovinzen Thrakiens und damit auch
nach dem Namen des Grabungsortes in der Spätantike
und im Mittelalter auf. Gar zu verlockend
scheint die Hypothese, nach der die Festung, die
wir als Karasura bezeichnen, die Stadt
Diokletianopolis gewesen sein soll.
Ganz augenscheinlich zeigen die vorgestellten Ergebnisse,
daß Karasura in der Spätantike und vor
allem auch im Mittelalter eine bedeutendere Rolle
in der Geschichte Thrakiens und darüber hinaus gespielt
haben muß als bisher angenommen werden
konnte. Die geschützte Lage, fruchtbare Böden und
Wasserreichtum sowie vorteilhafte topographische
und klimatische Voraussetzungen bedingten und begünstigten
die Herausbildung und Entwicklung dieses
Ortes zu einem wichtigen Zentrum am Kreuzweg
zwischen den großen Metropolen und Kommunikationszentren
im Ostteil der Balkanhalbinsel.
Im zweiten Teil des vorliegenden Bandes werden
interessante Beiträge bulgarischer Althistoriker und
Archäologen vorgestellt, die auf dem Symposium
vorgetragen wurden. Sie untersuchen Momente und
Besonderheiten der Sozial- und Siedlungsstruktur
sowie der Kultur des alten Thrakien und stellen neue
interessante Grabungs- und Forschungsergebnisse aus
den Metropolen Nordthrakiens vor. Die Ausstrahlung
der thrakischen Kultur auf weiter entfernte geographische
Räume, aber auch ihre Integration in die
spätantike und frühmittelalterliche Welt des Ostteils
der Balkanhalbinsel wird in einem dritten Teil dieses
Bandes durch Beiträge recht unterschiedlicher
Art deutlich.
Dieser erste und einführende Band der Reihe
KARASURA verdeutlicht nicht nur den historischen
Platz Karasuras in der Geschichte des alten Thrakien,
sondern auch den wissenschaftlichen Stellenwert,
den die Ausgrabungsergebnisse der letzten 20
Jahre in der Forschungslandschaft auf der Balkanhalbinsel
erringen konnten.
Michael Wendel
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||