"Internet und Archäologie" |
Kolloquium | |
PD Dr. Stefan Altekamp (Winckelmann-Institut, Humboldt-Universität zu Berlin) ![]() |
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1. Februar 2001 (Donnerstag), 19:00 Uhr s.t. | |
Robertinum HS | |
Zusammen- fassung: |
Seit Anfang der 90er Jahre hat sich das Internet zu einem Massenmedium entwickelt. Unter dem Eindruck der Rasanz, mit der sich dieses Medium entfaltete, kam es zu für unübersichtliche Entwicklungsphasen typisch extremen Prognosen, die analog zum relativ baldigen absoluten Medienwechsel von Handschrift zu Buchdruck vor 500 Jahren den absoluten Medienwechsel vom Druck zur digitalen Veröffentlichung ankündigten.
Diese Prognosen haben sich bislang nicht bewahrheitet. Vielmehr ist das Wachstum des Internets ein partielles. Es wächst dort am schnellsten, wo die herkömmlichen Veröffentlichungspraktiken die größten Defizite aufwiesen. Das Ergebnis ist weniger ein glatter Medienwechsel, als die Entstehung eines Medienmix, der auf unterschiedliche Bedürfnisse vielfältiger antworten kann, als es bislang möglich war.
Das partielle Anwachsen von Information und Kommunikation über das Internet gilt auch für die wissenschaftliche Nutzung, auch für die Archäologien.
Eine Analyse der Präsenz von Archäologie im Internet müßte demnach unter anderem dazu beitragen können, Schwächen der gewohnten Informations- und Kommunikationskultur besser erkennen zu können.
Das ist der Fall. Schwerpunkte der Präsenz von Archäologie im Internet ergeben sich zum Beispiel bei der Vernetzung von Information, der Veröffentlichung vorläufigen oder in anderer Form bislang nicht publikablen Expertenwissens, der höheren Aktualität von Information, dem Abbau von finanziellen oder hierarchischen Publikationshindernissen oder bei verbesserten Kontakten zwischen Fachwelt und Öffentlichkeit. Mit den neuen Angeboten über das Internet treten die Mängel der bisherigen Zustände besonders klar vor Augen.
Der Mängelanalyse entspricht ein Optionskatalog. Die bisherige Nutzung des Internets für archäologische Zwecke reflektiert die Bereiche, in denen Archäologie durch einen konsequenten Ausbau der Internet-Nutzung in enormer Weise profitieren könnte.
Gemessen an diesen Möglichkeiten kann das Wachstum archäologischer Nutzung des Internets als moderat, wenn nicht sogar unterentwickelt bezeichnet werden.
Für diese Diskrepanz scheinen zwei Faktoren verantwortlich zu sein:
Erstens ein fachimmanenter: Sowohl die Chancen des Internets aber auch die strukturellen Herausforderungen an die Handhabung von Information und Dokumentation sind in der Fachwelt, insbesondere bei den ‚Entscheidungsträgern', noch nicht genügend bewußt. Es ist daher dringend notwendig, die Internet-Kompetenz in den archäologischen Disziplinen zu erhöhen, die Implikationen der neuen Situation problemorientiert zu diskutieren sowie auf breiterer Front als bisher professionelle Konsequenzen zu ziehen.
Zweitens externe Gründe: Das explosive Wachstum des Internets bedroht zugleich seine Transparenz. Für die wissenschaftliche Nutzung bedeutet die abnehmende Transparenz eine erhebliche Einschränkung. Universale, fachübergreifende Lösungen für dieses Problem sind m.W. bislang nicht in Sicht. Ein Gegensteuern kann jedoch - analog zur Struktur des Internets - über dezentrale sowie über fachbezogene Initiativen erfolgen. Dabei ist vor allem an die Bündelung von wissenschaftlichen Internet-Ressourcen etwa in elektronischen Universitätsverlagen sowie an die Integration von herkömmlichen Fachbibliographien und Nachweisen von elektronischen Dokumenten zu denken. Einige organisatorische und institutionelle Implikationen werden diskutiert.
Stefan Altekamp
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